Steuerliche Haftung für die Herstellung und den Vertrieb von Kassensysteme mit Manipulationssoftware („Chef-Taste“)

Der Geschäftsführer eines Unternehmens, das Kassensysteme nebst Manipulationssoftware herstellt und vertreibt, haftet für die Steuern, die ein Kunde des Unternehmens durch den Einsatz dieses Kassensystems nebst Manipulationssoftware hinterzogen hat (vgl. Finanzgericht Rheinland-Pfalz Beschluss vom 7.1.2015 5 V 2068/14, Pressemitteilung vom 10.2.2015).

Verkürzter Sachverhalt: ASt. stellt Kassensysteme her und vertreibt diese. Im November 2002 erwarb der Inhaber des Eiscafés A eines dieser Kassensysteme. Das Kassensystem umfasste die Hardware und eine Software, die die Manipulation der im Kassensystem erfassten Daten ermöglichte. Die Außen- und Steuerfahndungsprüfung stellte bei A Manipulationen an den im Kassensystem erfassten Daten seit mindestens Dezember 2003 fest, die zu einer erheblichen Minderung der tatsächlich erzielten Umsätze führten. A räumte ein, die Kasse manipuliert zu haben. ASt. habe ihm das Kassensystem verkauft und ihn auch in die Manipulationssoftware eingewiesen. Ihm sei versichert worden, die Software könne völlig risikolos eingesetzt werden. A wurde wegen Steuerhinterziehung verurteilt. Die Steuerfestsetzungen gegen A sind bestandskräftig.

Gegen ASt. wurde ein Haftungsbescheid wegen Beihilfe zur Steuerhinterziehung des A erlassen, mit der er für die Steuerrückstände des A in Haftung genommen wurde. ASt. wendete sich ua. mit seinem Antrag auf Aussetzung der Vollziehung gegen den angefochtenen Haftungsbescheid.

Das Finanzgericht Rheinland-Pfalz hatte keine ernstlichen Zweifel an der Rechtmäßigkeit des Haftungsbescheids.

Der Haftungsbescheid beruht auf § 71 AO. Wer eine Steuerhinterziehung begeht oder an einer solchen Tat teilnimmt, haftet für die verkürzten Steuern und die zu Unrecht gewährten Steuervorteile sowie für die Zinsen nach § 235 AO.

Das Finanzgericht Rheinland-Pfalz kommt zu dem Ergebnis, ASt. habe Beihilfe zu der Steuerhinterziehung des A geleistet. ASt. habe das mit der Manipulationssoftware versehene Kassensystem verkauft. Nicht entscheidend sei, wann und durch wen die Installation und die Einweisung in das Programm erfolgt seien und ob ASt. selbst oder ein Dritter die Manipulationssoftware entwickelt habe. Die Beihilfe zur Steuerhinterziehung bestehe darin, dass ASt. ein komplettes System verkauft habe, und zwar mit dem Wissen, welche Möglichkeiten dieses System biete, und mit dem Ziel, A eine Steuerverkürzung zu ermöglichen. ASt. habe A das Kassensystem ausdrücklich als völlig risikoloses Instrument zur Verkürzung von Steuern angeboten und verkauft. Ermessensgerecht im Regelfall sei, wenn das Finanzamt einen Gehilfen, der vorsätzlich Beihilfe zur Steuerhinterziehung leiste, als Haftenden in Anspruch nehme (vgl. FG Rheinland-Pfalz Beschl. vom 7.1.2015 5 V 2068/14, Pressemitteilung vom 10.2.2015).

Der Entscheidung des Finanzgerichts Rheinland-Pfalz ist im Ergebnis zuzustimmen. ASt. leistete direkt vorsätzlich Hilfe zu der Steuerhinterziehung des A. Die Herstellung und der Vertrieb des Kassensystems nebst Manipulationssoftware, bei denen die in das Kassensystem eingegeben Daten manipuliert werden können, sowie die Einweisung in das System, waren ursächlich für die Steuerhinterziehung des A (Kausalität). Das Kassensystem ermöglichte und intensivierte die Steuerhinterziehung des A und sicherte durch die spurlose Manipulation der Kassendaten ihr Gelingen. Bei wertender Betrachtung erhöhte ASt. damit die Gefahr einer Steuerhinterziehung, die sich in der Steuerhinterziehung des A verwirklicht hat.

Die Herstellung und der Vertrieb von Kassensystemen mit Manipulationssoftware sowie die Einweisung in das Kassensystem zur Ermöglichung der Steuerhinterziehung waren rechtswidrig. Die Rechtsfigur der alltäglichen / neutralen / sozialadäquaten / berufsadäquaten Handlung führt nicht weiter; das direkt vorsätzliche Handeln des ASt. überschreitet diesen Rahmen.

Bedeutsam ist die Entscheidung für die Hersteller von Kassensystemen in den Apotheken-Fällen. Einige Apotheken haben von verschiedenen Herstellern Kassensysteme mit einer Chef-Taste erworben. Die Chef-Taste ermöglichte die spurlose Manipulation der im Kassensystem eingegebenen Daten.

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